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Wir wünschen allen Gästen und Freunden FROHE OSTERN!

In Zeiten der Corona-Krise können wir Sie leider nicht einladen zu unseren sonst so zahlreichen Veranstaltungen in der Osterzeit. Stattdessen laden wir Sie heute ein zu einem altbekannten, immer wieder bewegenden Spaziergang mit Johann Wolfgang von Goethe, diesmal online.


Osterspaziergang


Vom Eise befreit sind Strom und Bäche

durch des Frühlings holden, belebenden Blick.

Im Tale grünet Hoffnungsglück.

Der alte Winter in seiner Schwäche

zog sich in rauhe Berge zurück.

Von dorther sendet er, fliehend, nur

ohnmächtige Schauer körnigen Eises

in Streifen über die grünende Flur.

Aber die Sonne duldet kein Weisses.

Überall regt sich Bildung und Streben,

alles will sie mit Farbe beleben.

Doch an Blumen fehlts im Revier.

Sie nimmt geputzte Menschen dafür.


Kehre dich um, von diesen Höhen

nach der Stadt zurückzusehen!

Aus dem hohlen, finstern Tor

dringt ein buntes Gewimmel hervor.

Jeder sonnt sich heute so gern.

Sie feiern die Auferstehung des Herrn,

denn sie sind selber auferstanden.

Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,

aus Handwerks- und Gewerbesbanden,

aus dem Druck von Giebeln und Dächern,

aus der Strassen quetschender Enge,

aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht

sind sie alle ans Licht gebracht.


Sieh nur, sieh, wie behend sich die Menge

durch die Gärten und Felder zerschlägt,

wie der Fluss in Breit und Länge

so manchen lustigen Nachen bewegt,

und, bis zum Sinken überladen,

entfernt sich dieser letzte Kahn.

Selbst von des Berges ferner Pfaden

blinken uns farbige Kleider an.

Ich höre schon des Dorfs Getümmel.

Hier ist des Volkes wahrer Himmel.

Zufrieden jauchzet gross und klein:

Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!


aus: Faust 1 (Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832, deutscher Dichter, Naturforscher)


Wir wünschen Ihnen erholsame Ostertage

Ihr Centro Team


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